Teil I – Parlamentarische Demokratie – Erfolgsmodell oder Auslaufmodell?

2.7 Das Durchwink-Parlament

Artikel 38 des Grundgesetzes garantiert: „Abgeordnete sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Dies festzuhalten finde ich deshalb wichtig, weil der einen oder dem anderen noch die Worte des Kanzleramtsministers im Ohr klingen, die Ronald Pofalla seinem Parteikollegen Wolfgang Bosbach im Oktober 2010 zuraunte, nur weil dieser die „Euro-Rettungsschirm“-Gesetze nicht mittragen konnte. Wenn man der Bild-Zeitung jener Tage Glauben schenken kann, soll Pofalla Bosbach mit den Worten angeschrieen haben: „Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen!“

Die Rede ist hier vom sogenannten „Fraktionszwang“. Er ist offenbar so ein Würgegriff, dass „Abweichler“ mit (zumindest) verbaler Prügel rechnen müssen.

Burkhard Hirsch, Mitglied der FDP und Bundesjustizminister a. D., hatte bereits im November 1999 in der Zeitung „der Freitag“ dargelegt, was „Fraktionszwang“ eigentlich ist:
„Warum aber fordern Abgeordnete gelegentlich, etwa bei einer Abstimmung zu § 218 StGB oder beim Waffenexport, eine Abstimmung solle “freigegeben” werden, wenn sie ohnehin frei ist? Es muß schon erstaunen, daß auch große Fraktionen, selbst bei sehr komplizierten Gesetzgebungsvorhaben, fast stets einmütig abstimmen. Bei den namentlichen Abstimmungen, bei denen Namenskarten abgegeben werden und das Stimmverhalten des einzelnen Abgeordneten im Protokoll festgehalten wird, gilt das erst recht.
Viele Abgeordnete strömen erst in der letzten Minute vor der Abstimmung ins Plenum und orientieren sich daran, wann der jeweilige “Stimmführer” seiner Fraktion die Hand hebt oder welche Farbe die Stimmkarte hat, die der Geschäftsführer seiner Fraktion an der Urne hochhält. Manche kommen nur, weil die “Stallwache” der Fraktion im Plenum über die Rufanlage der Fraktion durchgeben ließ, dass die Mehrheitsverhältnisse im Plenum gefährdet seien und die Kollegen bitte ins Plenum kommen mögen oder weil das Versäumen einer namentlichen Abstimmung mit einem finanziellen Abzug belegt wird. (…)
Der Abgeordnete muss in seiner Fraktion Mehrheiten haben oder bilden können. Er muss auch mit dem Koalitionspartner in unendlich vielen Detailfragen häufig nach eigener Entscheidung, aber trotzdem zuverlässig, zusammenarbeiten können, wenn er etwas erreichen will. Diese arbeitsteilige Zusammenarbeit ist der politische Normalfall.
Natürlich kann man sich entschließen, sich um das Team nicht zu kümmern, sondern nach seiner eigenen Melodie zu tanzen. Dann allerdings geht es einem nicht anders als in jeder Firma, in jedem Verein oder auch in der eigenen Familie: wer immer quer im Stall steht, den lassen die anderen eben allmählich links liegen. Aus dem Querdenker wird sehr schnell ein Querkopf, hinderlich, störend, unerfreulich. (…)
Die notwendige Gruppensolidarität wird zum Instrument der Fraktionsführungen, um die erforderliche demokratische Willensbildung unter Druck zu setzen, ja unter den moralischen Zwang, dass sonst der von allen gewünschte langfristige politische Erfolg von den kleinlichen oder individualistischen Bedenken der “gewissenspolitischen Sprecher” gefährdet wird. Es ist eine tatsächlich gebrauchte Bezeichnung für diejenigen, die ein erzieltes Verhandlungsergebnis problematisieren.
So subtil dieser Vorgang ist, so subtil sind auch die Wege, in denen ein Gruppenzwang tatsächlich ausgeübt wird. Die meisten Abgeordneten werden gewählt, weil sie für eine Partei kandidieren, sie sind Teil eines gemeinsamen Wahlkampfes geworden, für den sie sich auf einer gemeinsamen Plattform zusammengefunden haben. Sie sind also sowohl Teil einer Gruppe, als auch als unabhängige Mandatsträger in einer einzigartigen Position. Das geht nicht ohne Kompromisse. Die können schon da beginnen, wo die Gruppe eine besondere Solidarität mit der Fraktionsführung auf Grund bestimmter Vorleistungen erwartet. Parlamentarische Staatssekretäre, Beauftragte der Bundesregierung für bestimmte Aufgaben, Vertreter des Bundes in den Aufsichtsgremien bestimmter Unternehmen oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften genießen Vorzüge, die auf besondere Loyalität hoffen lassen. Bei der Annahme solcher Aufgaben muss man die Bedingungen klären. Loyalität bedeutet nicht Gefolgschaft.
Ein Abgeordneter, der sein Gewissen an der Garderobe abgibt, gehört nicht in ein Parlament. Wer sich allerdings ständig auf sein Gewissen beruft, signalisiert gleichzeitig ständige Niederlagen: er kann sich offenbar mit seinen Ansichten nicht durchsetzen. Mit Unterstützung in der Öffentlichkeit kann er nicht rechnen: Dieselben Bürgerinnen, die aufrechte Abgeordnete sehen wollen, höhnen über einen “zerrissenen Haufen, der nicht weiß, was er will”. Eine Regierung, die “ihre” Abgeordneten nicht zusammenhält, verliert “ihre Handlungsfähigkeit”. Ich habe Abgeordnete erlebt, die im Parlament aus solchen Gründen zähneknirschend gegen ihre Überzeugung gestimmt haben. Ich habe andere erlebt, die bei der entsprechenden Abstimmung den Plenarsaal verlassen haben, auch wenn das bei namentlichen Abstimmungen Geld kostet. Andere haben rechtzeitig eine Dienstreise angetreten. Ich habe aber auch immer wieder Abgeordnete erlebt, die anders als ihre Fraktion gestimmt und das auch im Plenum durch eine persönliche Erklärung erläutert haben. Das macht keinen Spaß, aber es geht.
In der FDP-Fraktion gibt es dazu eine feststehende Übung. Wer im Plenum anders stimmen will, sagt das in der vorhergehenden Fraktionssitzung und begründet es. Werden die Mehrheitsverhältnisse davon nicht berührt, dann wird das mit der gequälten Bemerkung “muss das denn sein?” hingenommen. Schwieriger wird es, wenn die Mehrheiten dann wanken und der Koalitionspartner mit der “Freigabe” nicht einverstanden oder es eine Frage von großem öffentlichen Interesse ist. Natürlich wird dann ganz energisch versucht, den Abgeordneten zu dem zu bewegen, was die Mehrheit für die bessere Einsicht hält. Er wird unter Umständen aus dem Ausschuss abberufen, in den ihn seine Fraktion entsendet hatte, wenn er nicht freiwillig bei der entsprechenden Abstimmung einen Vertreter handeln lässt. Ich habe es sogar einmal erlebt, dass ein Fraktionsvorsitzender der FDP auf die Idee kam, darüber abstimmen lassen zu wollen, ob eine bestimmte Frage den Rang einer Gewissensfrage habe oder nicht. Das war natürlich absurd und erfolglos. Über ein Gewissen kann man nicht abstimmen. Wie geschmeidig sich der einzelne mit seinem Gewissen einrichtet, das bleibt ihm unentrinnbar selbst überlassen. Natürlich kommt es auch vor, dass angedeutet wird, das Verhalten könne bei der nächsten Kandidatenaufstellung von Bedeutung sein. (…). Gibt es einen Fraktionszwang? Im Prinzip nein, aber man sollte wissen, auf was man sich einlässt, wenn man es ausprobiert.“

Ich finde das Interview, vor fast 15 Jahren geführt, erhellend. Eigentlich gibt es keinen Fraktionszwang, aber in Wirklichkeit wird er nur sehr selten außer Kraft gesetzt.

Im April 2013 konnten wir Zeuge einer eigentlich absurden Situation im Deutschen Bundestag werden: Da erklärt Arbeitsministerin von der Leyen, sie halte den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzesentwurf zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien für unterstützenswert. Der Gesetzentwurf sieht die Einführung gesetzlicher Mindestquoten für die Besetzung von Aufsichtsräten mit Frauen und Männern vor.

Dennoch stimmte sie gegen dieses Gesetz, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Vor der Abstimmung drohten einige der Ministerin gar, falls sie für dieses Gesetz stimme, müsse sie zurücktreten. Im Gegenzug für ein „Nein“ zum Bundesratsentwurf bot die Kanzlerin an, man könne eine gesetzliche Frauenquote für die Zeit nach dem Jahr 2020 ins Wahlprogramm der CDU zur Bundestagswahl 2013 schreiben; bis dahin werde an der Flexiquote, einem Modell freiwilliger Anhebung des Frauenanteils in Führungspositionen, festgehalten.

Wer daran erinnert, dass die Bundestagsabgeordnete von der Leyen ihrer verfassungsrechtlichen Verantwortung nachkommt und ihrem Gewissen gemäß entscheidet, dem wird politische Naivität vorzuwerfen sein. Welch eine absurde Situation. Nun haben die Frauen (und Männer!) im Lande Pech: Weil der Vorschlag, den Frau von der Leyen inhaltlich für richtig hält, von der falschen Seite eingebracht wurde, muss sie ihn ablehnen. Dieser Kadavergehorsam erinnert mich an die Novelle „Der Zwang“ von Stefan Zweig. Ein Künstler im sicheren schweizerischen Exil droht aufgrund eines Einberufungsbescheids zum Kanonenfutter Frankreichs im Ersten Weltkrieg zu werden, bis er im letzten Moment Einsicht zeigt, dem Befehl keine Folge leistet und seiner Frau in die Arme fällt. Man möchte Frau von der Leyen zurufen: Sie, Abgeordnete, sind frei! Dennoch: es nützt nichts. Sie hat mit der Koalition gestimmt. Bis 2020 wird es wohl nichts mit einer gesetzlichen Mindestquote für Frauen in Führungspositionen. Und vermutlich (Stand April 2013) hat Frau von der Leyen nur noch bedingt eine Zukunft in ihrer eigenen Partei.

Wie sieht die parlamentarische Arbeit aus der Sicht eines Abgeordneten einer Regierungspartei aus? Schauen wir uns den Finanzausschuss an.

Im Finanzausschuss werden alle Gesetze beraten, die etwas mit Steuern und Finanzen zu tun haben. Alle Gesetze, die im Deutschen Bundestag zur Abwendung der Finanzkrise verabschiedet wurden, wurden federführend im Finanzausschuss beraten. Vom EFSF bis zum ESFS sozusagen.

Dort hat die CDU/CSU 14 Mitglieder. Die FDP durfte proporzbedingt 6 Mitglieder entsenden. 20 Abgeordnete entscheiden faktisch darüber, wie die Kompetenzen der Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht geändert werden, um die im Rahmen der Errichtung eines Europäischen Finanzaufsichtssystems (dafür steht die obige Abkürzung ESFS) „in Brüssel“ verabschiedeten Verordnungen umzusetzen.

Eben diese 20 Abgeordneten entschieden faktisch über die 123,2 Milliarden Euro, für die Deutschland im ersten Hilfspaket der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) Bürgschaften übernommen hat. Mit Ausnahme der Mitglieder des Finanzausschusses hatte kaum ein Abgeordneter auch nur annähernd eine Ahnung von den tatsächlichen Ausmaßen dieses Gesetzes, über das wenige Stunden später abgestimmt wurde. Sie orientierten sich einzig und allein an „ihrer“ Fraktion. Das erinnert ein wenig an das Schulkind, das seine Eltern fragt, ob sie blind ihren Namen schreiben könnten, um dann flugs das Zeugnis mit der Fünf in Mathe unterzuschieben.

Nehmen wir an, dass sich die Ausschussmitglieder darauf verständigen, sich in ihrer Ausschussarbeit zu spezialisieren. Von den 14 CDU-Ausschussmitgliedern könnten sich dann 7 Mitglieder auf Finanzen konzentrieren, die anderen 7 Mitglieder auf das Steuerrecht. Das Steuerrecht hat wiederum viele Teilbereiche, wie Bund-Länder-Probleme, Außenwirtschafts-Problematiken, Steuer-Erhebungsprobleme und so weiter.

Einer der 14 CDU-Ausschussmitglied twitterte am 17.4.2013:
„olavgutting Öffentliches Fachgespräch zum AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz macht mal wieder deutlich wie hölle-kompliziert unser Steuerrecht ist.“ Dem armen Herrn Gutting rauchte offenbar der Kopf.

Viele Menschen reagieren mit Flucht, wenn es kompliziert wird. Die genau gegenteilige Reaktion wäre vermutlich hilfreicher: hinzuschauen und sich schwierige Dinge erklären zu lassen. Denn sonst ist die Gefahr groß, über den Tisch gezogen zu werden oder vermeidbare Fehler im Vorfeld einer Entscheidung nicht erkannt zu haben. Weil Flucht oder Wegschauen nicht gilt, lassen Sie uns dieses Gesetz mal genauer anschauen:

Bei dem AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz geht es, sie ahnen es, um die Umsetzung einer europäischen Richtlinie zur besseren Kontrolle der Verwalter „alternativer“ Investmentfonds (Richtlinie 2011/61/EU). Im Wesentlichen geht es dabei um sogenannte „geschlossene“ Fonds, also Anlagen, die nur während eines begrenzten Platzierungszeitraums für Anleger offen stehen und danach geschlossen werden. Die Anleger werden Unternehmer mit entsprechenden Chancen und Risiken. Eine Erkenntnis aus der Finanzmarktkrise ist, dass Fondsverwalter unter anderem solcher geschlossenen Fonds die Risiken einer Anlage auf die Allgemeinheit, die Chancen allerdings auf die Anleger verteilt haben. Es war ja ein Prinzip, das sich wie ein Roter Faden durch die Finanzkrise zog: Anleger gingen hohe Risiken ein. Wenn die Risiken nicht eintrafen, konnten die Anleger hohe Gewinne einstreichen und behielten diese Gewinne für sich. Ging die Wette schief und drohte das Geld verloren zu gehen, musste „die öffentliche Hand“, also wir alle, herhalten. Die Banken, die diese Fonds vertrieben hatten, wurden mit unseren Steuermilliarden gerettet.

Weil uns dieses Spiel Milliarden gekostet hat, wäre es nun gut, aus dem Schaden klug zu werden. Was passiert jetzt im Finanzausschuss? Wer ist da kompetent, um das Meinungsbild der eigenen Fraktion maßgeblich zu bestimmen? Klar: es gibt eine Vorlage des Finanzministeriums, also der Exekutive. In dieser Vorlage wird detailliert dargelegt, was aus Sicht des Ministeriums zu tun ist. Nun kommt es aber auf die Kompetenz im Parlament an.

Nehmen wir Herrn von Stetten, einen der 239 Abgeordneten der CDU/CSU, der in der 17. Wahlperiode Mitglied des Bundestages ist. Von seiner Ausbildung her Betriebswirt, war er bis Ende 2010 im Aufsichtsrat der Allianz Global Investors Deutschland GmbH, einer Tochter des Allianz Versicherungs- und Finanzdienstleistungskonzerns. Er ist Existenzgründer und Gesellschafter-Geschäftsführer seines Unternehmens, sowie Aufsichtsratsvorsitzender der familieneigenen Holding.

Er ist als ordentliches Mitglied im Finanzausschuss richtig platziert. Er kennt sich in Unternehmen und in der Welt der Finanzdienstleistungen aus. Er versteht etwas von Holdings und Konzernen, was wichtig ist, wenn verhindert werden soll, dass Unternehmen durch eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion sich ihrer Steuerlast entledigen, Gewinne verschleiern oder Risiken auf die Allgemeinheit verteilen möchten. Weil er zudem Honorarkonsul der Malediven in Berlin ist und wir wissen, dass die Malediven als ein „Steuerparadies“ hoch im Kurs stehen, wird er von den anderen CDU-Ausschussmitgliedern vermutlich als derjenige angesehen, der von der hier zu beurteilenden Frage am meisten versteht. Sie werden deshalb seiner Meinung besonders hohes Gewicht beimessen, wenn es darum geht, das öffentliche Interesse vor einer neuerlichen Finanz- oder Wirtschaftskrise zu schützen.

Nehmen wir an, unser CDU-Ausschussmitglied sitzt in dem Fachgespräch einem Missverständnis auf. Oder er muss sich eingestehen, einen komplexen Sachverhalt nicht komplett durchdrungen zu haben – gerade bei Folgeabschätzungen, bei Wirkungen, die Gesetze erst in der Zukunft entfalten sollen, ist dies bisweilen wirklich schwierig vorher zu sehen. Oder nehmen wir an, ein Experte, der an diesem Fachgespräch teilnahm, hat ein subjektives Interesse und der Abgeordnete geht in der Komplexität der Materie, in der Fachsimpelei oder dem Zahlendschungel unter und erkennt das Interesse eben dieses Experten nicht: schon sitzt er diesem Experten auf und spielt ihm in dessen Hände. Gut für den „Experten“, weil er unerkannt seine Interessen verfolgen konnte, schlecht für uns alle, denn wir müssen vermutlich für diesen Fehler teuer bezahlen.

Der Fehler oder die Unachtsamkeit eines Einzelnen würde in diesem hypothetischen Beispiel dazu führen, dass die anderen 13 CDU-Ausschussmitglieder der Ansicht unseres Protagonisten folgen. Dann wird dies zur Position der CDU-Fraktion. Man würde diese Position dann mit seinen Koalitionskollegen, hier also denen der FDP, abstimmen. Da im Finanzausschuss eine FDP-Abgeordnete den Vorsitz führt, würde dann die Meinung unseres Protagonisten letztlich zur Mehrheitsmeinung des Finanzausschusses werden. Dies wird im Bericht so festgehalten und dann zur Position der Regierungskoalition.

Da sich die anderen 225 Abgeordneten der CDU mit dem AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz überhaupt nicht beschäftigt haben, werden sie der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses folgen, wie es auch die Abgeordneten der FDP tun werden. Und schon ist die Meinung unseres Protagonisten zur Entscheidung des Deutschen Bundestages herangereift.

Klar war dies ein rein fiktives Beispiel mit hypothetischem Charakter. Selbstverständlich weiß ich, dass alle Abgeordneten jetzt entrüstet sagen werden: „weit gefehlt!“ Aber am Ende werden wir es nicht ausschließen können, dass Entscheidungen genauso zustande kommen können.

Wie dem auch sei: Unser Beispiel zeigt, dass am Ende die im Ausschuss getroffene Entscheidung, wenn sie die Zustimmung des Fraktionsvorsitzenden und, selbstredend, des Finanzministers und der Kanzlerin findet, vom Bundestag durchgewunken wird.

Das Zusammengehen von Fraktionszwang und der Segmentierung von Entscheidungen in den Ausschüssen und innerhalb der Ausschüsse auf einzelne Mitglieder mit spezifischer Fachkenntnis führt im Ergebnis dazu, dass sich alle anderen Abgeordneten auf die dort getroffenen Entscheidungen verlassen.

Diese Praxis der Entscheidungsfindung, die den Nährboden für ein, vielleicht nicht ganz zu Unrecht so genanntes „Durchwinkparlament“ bietet, ist meines Erachtens ein gewichtiger Grund für die fundamentale Krise unserer Demokratie.